Freistellungsauftrag bei Aktienerträgen: Praktische Anwendung und steuerliche Abgrenzung

Freistellungsauftrag bei Aktienerträgen: Praktische Anwendung und steuerliche Abgrenzung

1. Grundlagen des Freistellungsauftrags

Was ist ein Freistellungsauftrag?

Ein Freistellungsauftrag ist eine schriftliche Anweisung an deine Bank oder deinen Broker, bestimmte Kapitaleinkünfte – wie zum Beispiel Gewinne aus Aktien, Zinsen oder Dividenden – bis zu einem gesetzlich festgelegten Betrag von der automatischen Abführung der Abgeltungsteuer freizustellen. Das bedeutet: Erst wenn du mehr als den Freibetrag verdienst, zieht die Bank Steuern auf deine Kapitalerträge ab.

Wofür ist der Freistellungsauftrag gedacht?

In Deutschland gibt es für Privatpersonen einen sogenannten Sparerpauschbetrag. Dieser sorgt dafür, dass Gewinne aus Kapitalanlagen – wie Aktienerträge – bis zu einer bestimmten Höhe steuerfrei bleiben. Mit dem Freistellungsauftrag teilst du deiner Bank mit, in welcher Höhe sie diesen Freibetrag auf deine Kapitalerträge anwenden soll. So kannst du verhindern, dass schon bei kleinen Erträgen unnötig Steuern abgeführt werden und du erst im nächsten Jahr über die Steuererklärung eine Rückerstattung beantragen musst.

Gesetzliche Regelungen in Deutschland

Der Sparerpauschbetrag beträgt aktuell (Stand 2024) 1.000 Euro pro Person bzw. 2.000 Euro für Ehepaare. Bis zu dieser Grenze bleiben Kapitalerträge steuerfrei. Erst Beträge darüber hinaus unterliegen der Abgeltungsteuer von 25 % zzgl. Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer.

Überblick: Wichtige Fakten zum Freistellungsauftrag

Kriterium Erläuterung
Sparerpauschbetrag (Einzelperson) 1.000 Euro pro Jahr
Sparerpauschbetrag (Ehepaar) 2.000 Euro pro Jahr
Anwendung Kapitaleinkünfte (u.a. Aktiengewinne, Zinsen, Dividenden)
Abgeltungsteuer bei Überschreitung 25 % + Solidaritätszuschlag + ggf. Kirchensteuer
Erteilung des Freistellungsauftrags Direkt bei jeder Bank/Broker möglich; auch Aufteilung auf mehrere Institute erlaubt (Gesamtsumme beachten!)
Rechtliche Grundlage § 44a EStG (Einkommensteuergesetz)
Praxistipp:

Achte darauf, dass die Summe aller erteilten Freistellungsaufträge bei verschiedenen Banken den Sparerpauschbetrag nicht überschreitet! Sonst kann es später zu Nachforderungen durch das Finanzamt kommen.

2. Praktische Einrichtung bei Banken und Brokern

Wie stellt man einen Freistellungsauftrag? Schritt-für-Schritt-Anleitung

Wer in Deutschland mit Aktien handelt, kommt am Thema „Freistellungsauftrag“ kaum vorbei. Aber wie genau richtet man so einen Auftrag ein? Und wo macht man das eigentlich – direkt bei der Hausbank oder online beim Broker? Hier gibt’s eine einfache Anleitung für die praktische Umsetzung.

Schritt-für-Schritt: Freistellungsauftrag einrichten

  1. Anbieter auswählen: Überlege zuerst, bei welcher Bank oder welchem Broker du deine Wertpapiergeschäfte machst. Viele haben mehrere Depots, z.B. bei einer klassischen Bank und zusätzlich bei einem Online-Broker.
  2. Formular finden: Meist gibt es im Online-Banking oder in der App den Bereich „Steuern“ oder „Freistellungsauftrag“. Alternativ kannst du das Formular auf der Webseite deiner Bank herunterladen oder vor Ort erhalten.
  3. Betrag eintragen: Gib den gewünschten Betrag (maximal 1.000 Euro pro Person/Jahr) an, den du freistellen möchtest. Bei Ehepaaren sind bis zu 2.000 Euro möglich.
  4. Daten prüfen und absenden: Kontrolliere alle Angaben – Name, Steuer-ID und Betrag. Dann online bestätigen oder das Formular unterschreiben und abgeben.
  5. Bestätigung abwarten: Du bekommst meist eine Bestätigung per E-Mail, Post oder im Online-Postfach deiner Bank/Broker-Plattform.

Unterschiede zwischen Banken und Brokern

Jeder Anbieter hat seine eigenen Abläufe – hier ein Überblick über die gängigen Wege:

Anbieter Möglichkeit zur Einrichtung Tipp aus der Praxis
Hausbank (z.B. Sparkasse, Volksbank) Online-Banking, vor Ort am Schalter, schriftlich per Formular Oft persönliche Beratung möglich, falls Fragen auftreten
Direktbank (z.B. ING, DKB) Online-Banking, teils auch telefonisch Schnelle Bearbeitung online, meist klare Anleitungen auf der Website
Online-Broker (z.B. Trade Republic, Scalable Capital) In der App oder im Web-Portal unter Einstellungen/Steuern Schnell digital erledigt – aber Support meist nur per Chat/E-Mail
Tipp: Aufteilung des Sparer-Pauschbetrags

Wenn du mehrere Depots hast (z.B. bei verschiedenen Banken), kannst du den Freibetrag aufteilen – aber insgesamt maximal 1.000 Euro pro Person nicht überschreiten! Einfach bei jedem Anbieter den gewünschten Teilbetrag angeben.

Noch Fragen?

Viele Banken haben im Online-Bereich FAQ-Seiten speziell zum Freistellungsauftrag – dort findest du oft Antworten auf typische Alltagsfragen rund um die praktische Einrichtung.

Typische Anwendungsfälle bei Kapitalerträgen

3. Typische Anwendungsfälle bei Kapitalerträgen

Wer in Deutschland mit Aktien handelt oder Dividenden erhält, stößt früher oder später auf den Begriff „Freistellungsauftrag“. Aber wie sieht das eigentlich im Alltag aus? Hier erklären wir anhand von praxisnahen Beispielen, wann und wie ein Freistellungsauftrag konkret genutzt wird.

Beispiel 1: Aktiengewinne beim Verkauf

Stellen wir uns vor, Lisa kauft 2022 Aktien eines deutschen Unternehmens. Im Jahr 2024 verkauft sie die Aktien mit Gewinn. Ohne Freistellungsauftrag würde die Bank automatisch 25% Abgeltungsteuer plus Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer auf den Gewinn einbehalten. Hat Lisa jedoch einen Freistellungsauftrag bei ihrer Bank hinterlegt, bleiben Gewinne bis zum Sparer-Pauschbetrag (aktuell 1.000 Euro für Ledige) steuerfrei.

Situation Mit Freistellungsauftrag Ohne Freistellungsauftrag
Lisa erzielt 800 € Gewinn Keine Steuerabzüge Steuerabzug auf 800 €
Lisa erzielt 1.200 € Gewinn 200 € werden versteuert (über dem Pauschbetrag) Steuerabzug auf 1.200 €

Beispiel 2: Dividendenzahlungen

Nehmen wir an, Max hält Aktien von mehreren Unternehmen und erhält jährlich Dividenden. Mit einem korrekt verteilten Freistellungsauftrag bei seinen Banken werden seine Erträge bis zur Grenze des Sparer-Pauschbetrags automatisch steuerfrei ausgezahlt.

Dividendenhöhe pro Jahr Pauschbetrag ausgeschöpft? Steuerabzug?
600 € (gesamt) Nein (unter 1.000 €) Keine Steuer auf Dividenden
1.500 € (gesamt) Ja (über 1.000 €) Steuer nur auf 500 € Differenz

Tipp aus der Praxis:

Verteilung des Freistellungsauftrags: Wer Konten oder Depots bei mehreren Banken hat, kann den Sparer-Pauschbetrag flexibel aufteilen – z.B. 400 € bei Bank A und 600 € bei Bank B. Wichtig ist, die Gesamtsumme von aktuell 1.000 € nicht zu überschreiten.

Kurz erklärt: Was passiert ohne Freistellungsauftrag?

Liegt kein Freistellungsauftrag vor, behält die Bank automatisch Steuern ein – auch wenn du noch unter dem Freibetrag bist. Du kannst dir zwar zu viel gezahlte Steuern über die Steuererklärung zurückholen, das ist aber umständlicher als direkt von Anfang an einen Freistellungsauftrag zu nutzen.

4. Steuerliche Grenzen und Besonderheiten

Wie hoch ist der Sparer-Pauschbetrag?

In Deutschland gibt es für Kapitalerträge, also auch für Gewinne aus Aktien, einen sogenannten Sparer-Pauschbetrag. Das bedeutet: Bis zu einem bestimmten Betrag pro Jahr bleiben Ihre Kapitalerträge steuerfrei, solange ein Freistellungsauftrag bei der Bank hinterlegt wurde.

Kontoart Sparer-Pauschbetrag (pro Jahr)
Einzelkonto 1.000 €
Gemeinschaftskonto (Ehepaare/Lebenspartner) 2.000 €

Was passiert bei Überschreitung des Pauschbetrags?

Sobald Ihre Kapitalerträge den Sparer-Pauschbetrag überschreiten, führt die Bank automatisch 25 % Abgeltungsteuer plus Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer an das Finanzamt ab. Sie müssen sich um nichts kümmern – die Bank erledigt dies für Sie.

Beispiel zur Veranschaulichung:

Kapitalerträge im Jahr Pauschbetrag genutzt? Zu versteuernder Betrag Abzuführende Steuern
900 € (Einzelkonto) Ja 0 € Keine Steuern
1.200 € (Einzelkonto) Ja, bis 1.000 € steuerfrei 200 € Abgeltungsteuer auf 200 €
2.500 € (Gemeinschaftskonto) Ja, bis 2.000 € steuerfrei 500 € Abgeltungsteuer auf 500 €

Unterschiede zwischen Einzel- und Gemeinschaftsdepots

Neben den unterschiedlichen Pauschbeträgen gibt es weitere Besonderheiten:

  • Antragstellung: Der Freistellungsauftrag muss pro Depot und Kontoinhaber gestellt werden.
  • Kombination von Depots: Sie können mehrere Freistellungsaufträge bei verschiedenen Banken erteilen – insgesamt aber nur bis zum Höchstbetrag (1.000 €/2.000 €).
  • Korrekte Aufteilung: Bei Gemeinschaftsdepots können Ehepaare oder eingetragene Lebenspartner den Pauschbetrag beliebig untereinander aufteilen.
  • Achtung bei Trennung: Wird ein Gemeinschaftsdepot aufgelöst, muss der Freistellungsauftrag entsprechend angepasst werden, sonst drohen Nachzahlungen.

5. Zusammenspiel mit der Steuererklärung

Wann muss man trotz Freistellungsauftrag Steuern erklären?

Viele Anleger denken, dass sie mit einem Freistellungsauftrag komplett von der Steuerpflicht auf Kapitalerträge wie Aktiengewinne befreit sind. Doch das stimmt nur bis zur Höhe des Sparer-Pauschbetrags. Sobald Sie diesen Betrag überschreiten oder ihn nicht vollständig ausgeschöpft haben, wird es steuerlich wieder interessant – und die Steuererklärung spielt eine wichtige Rolle.

Relevanz für nicht ausgeschöpfte sowie überschrittene Freibeträge

Der Sparer-Pauschbetrag liegt aktuell bei 1.000 Euro pro Person (Stand: 2024). Für Ehepaare gilt die doppelte Summe, also 2.000 Euro. Der Freistellungsauftrag sorgt dafür, dass Ihre Bank bis zu diesem Betrag automatisch keine Abgeltungsteuer einbehält.

Szenarien im Überblick
Situation Muss ich eine Steuererklärung abgeben?
Freistellungsauftrag voll genutzt, Erträge darunter oder genau beim Pauschbetrag Keine Pflicht, sofern keine weiteren Kapitaleinkünfte vorliegen
Freistellungsauftrag nicht voll ausgeschöpft, Bank hat trotzdem Steuern einbehalten Möglichkeit zur Rückerstattung über die Steuererklärung
Erträge über dem Sparer-Pauschbetrag Steuer wurde bereits abgeführt; freiwillige Erklärung kann sich lohnen (Günstigerprüfung)

Praxistipp: Wann ist die Steuererklärung sinnvoll?

  • Nicht ausgeschöpfter Freibetrag: Wenn Sie z.B. mehrere Banken nutzen und nicht überall den Freistellungsauftrag korrekt verteilt haben, wurde eventuell zu viel Steuer einbehalten. Über die Einkommensteuererklärung können Sie sich diese zurückholen.
  • Beträge über dem Freibetrag: Haben Sie mehr als 1.000 Euro (bzw. 2.000 Euro) an Kapitalerträgen erzielt, ist die Steuer meist bereits abgeführt worden. Eine freiwillige Abgabe der Steuererklärung lohnt sich, wenn Ihr persönlicher Steuersatz unter 25% liegt (Stichwort Günstigerprüfung).

Wichtige Hinweise für die Praxis

  • Achten Sie darauf, den Freistellungsauftrag auf alle Banken und Depots sinnvoll zu verteilen.
  • Kapitaleinkünfte müssen in Anlage KAP der Steuererklärung eingetragen werden – insbesondere dann, wenn Sie Erstattungen erwarten oder eine Günstigerprüfung wünschen.

Mit dem richtigen Zusammenspiel aus Freistellungsauftrag und Steuererklärung holen Sie das Maximum aus Ihren Kapitalerträgen heraus – ohne unnötig Steuern zu zahlen.

6. Tipps und typische Fehler im Alltag

Was sollte man vermeiden?

Viele Deutsche unterschätzen die Bedeutung des Freistellungsauftrags bei Aktienerträgen. Ein häufiger Fehler ist, keinen oder einen zu niedrigen Freistellungsauftrag bei der Bank einzureichen. Dadurch wird unnötig Abgeltungsteuer abgeführt, obwohl der Sparer-Pauschbetrag noch nicht ausgeschöpft ist. Auch die Aufteilung des Freistellungsauftrags auf mehrere Banken führt oft zu Problemen – zum Beispiel, wenn man versehentlich die maximale Summe von 1.000 € (bzw. 2.000 € bei Ehepaaren) überschreitet.

Typische Fehler auf einen Blick

Fehler Auswirkung Wie vermeide ich das?
Kein Freistellungsauftrag gestellt Zuviel Steuer wird automatisch abgezogen Sofort bei jeder neuen Bank den Auftrag einreichen
Zu hoher Betrag insgesamt über mehrere Banken verteilt Möglicher Ärger mit dem Finanzamt, Korrektur nötig Beträge im Blick behalten und regelmäßig überprüfen
Adress- oder Namensänderung nicht gemeldet Freistellungsauftrag könnte ungültig werden Daten immer aktuell halten!
Vergessen, den Auftrag jährlich anzupassen (bei Veränderungen) Pauschbetrag wird nicht optimal genutzt Zum Jahreswechsel prüfen und ggf. anpassen

Wie lassen sich Freistellungsaufträge optimal nutzen?

Ein kluger Umgang mit dem Freistellungsauftrag spart bares Geld. Teile deinen Sparer-Pauschbetrag gezielt auf alle Banken und Broker auf, bei denen du investierst. Nutze dazu eine einfache Übersicht oder Tabelle, um nie den Überblick zu verlieren.

Praktisches Beispiel aus dem Alltag:

Nehmen wir an, Anna hat Konten bei drei Banken. Sie rechnet aus, wie viel Kapitalerträge sie voraussichtlich pro Jahr je Bank erwirtschaftet:

  • Bank A: ca. 300 € Erträge → Freistellungsauftrag: 300 €
  • Bank B: ca. 500 € Erträge → Freistellungsauftrag: 500 €
  • Broker C: ca. 200 € Erträge → Freistellungsauftrag: 200 €

Annas Gesamtsumme beträgt genau 1.000 €. So nutzt sie den Pauschbetrag voll aus – ohne Überschneidungen.

Tipp aus der deutschen Finanzszene:

Wenn du mitten im Jahr merkst, dass du mehr Erträge als geplant bekommst, kannst du den Freistellungsauftrag jederzeit anpassen oder umverteilen! Viele Online-Banken ermöglichen dies direkt im Kundenportal.